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Yannick Akar
09.07.2025

High-End mobil: Die 10Micron GM1000 im Feldtest mit N.I.N.A.

Die 10Micron GM1000 gehört zweifellos zu den High-End-Montierungen auf dem Markt – und dennoch war ich überrascht, wie mobil und einfach im Feld sie sich in Kombination mit der Steuerungssoftware N.I.N.A. einsetzen lässt. In diesem Erfahrungsbericht zeige ich Schritt für Schritt, wie unkompliziert die Montierung auch unterwegs zu betreiben ist – von der Polar Alignment Routine mit dem „Three Point Polar Alignment“ Plugin bis hin zur Erstellung des Pointing Modells hin zur automatisierten Aufnahme mit dem Advanced Sequencer in N.I.N.A.

Warum eine Montierung mit Absolutencodern für mobilen Einsatz

Viele Anwender schrecken zunächst vor dem mobilen Einsatz von High-End-Montierungen mit Absolutencodern zurück – und das vor allem aufgrund der weitverbreiteten Annahme, dass der Aufbau eines präzisen Pointing Modells im Feld zeitaufwändig und kompliziert sei. In der Praxis bedeutet das für viele: kostbare Aufnahmezeit geht verloren, bevor überhaupt das erste Bild belichtet werden kann. Doch genau hier überzeugt die GM1000 eindrucksvoll – sie beweist, dass sich höchste Präzision und mobiler Einsatz keineswegs ausschließen. Im Gegenteil: Mit den richtigen Werkzeugen, wie N.I.N.A. und seinem automatisierten „10u Model Builder“, wird der mobile Betrieb dieser High-End-Montierung nicht nur machbar, sondern ausgesprochen effizient.

Die GM1000 zeigt eindrucksvoll, dass Genauigkeit und Mobilität sich nicht ausschließen müssen:

  • Automatisiertes Star Alignment: Die Absolutencoder ermöglichen sofortige Positionskenntnis.
  • Stabilität und Wiederholgenauigkeit: Ideal für strukturierte Sessions, z. B. bei mehrtägigem Einsatz am selben Standort.
  • Kein Guiding notwendig: Selbst bei schlechtem Seeing bleiben die Sterne perfekt rund – denn der typische Effekt des „Chasing the Seeing“, der beim Guiding durch ständiges Nachkorrigieren entsteht, entfällt vollständig, da kein externer Guider mehr zum Einsatz kommt.
  • Kompatibilität mit Software: Volle Integration mit N.I.N.A. – keine Kompromisse bei der Steuerung, über ASCOM oder INDI kann auch die 10Micron-eigene Software wie der Model Maker problemlos integriert werden.

Aufbau & Polar Alignment mit N.I.N.A

Der mobile Aufbau der GM1000 gelingt mit wenigen Handgriffen und ist schnell erledigt. Für eine präzise Nachführung bei Langzeitbelichtungen ist jedoch eine exakte Ausbalancierung des Setups unerlässlich. Beim ersten Aufbau meines persönlichen Setups habe ich die optimale Ausgleichsposition sorgfältig bestimmt und mir diese mit einem Lineal markiert. So kann ich diese Position bei künftigen mobilen Einsätzen schnell und zuverlässig reproduzieren. Die 10Micron GM1000 bietet hierfür eine praktische Funktion im Handcontroller unter dem Menüpunkt Drive → Balance → Balance RA / Balance Dec. Dort lassen sich sowohl die RA- als auch die DEC-Achse detailliert vermessen und justieren. Nach Abschluss der Balancing-Routine gibt die Montierung eine klare Rückmeldung, ob das System Scope Heavy oder Shaft Heavy ist. Ziel ist eine Ausbalancierung von unter 0,4 % – erst dann gilt das Setup in beiden Achsen als optimal gewichtet.

Ist die mechanische Basis gelegt, folgt der clevere Teil: das Polar Alignment. Hier nutze ich das Plugin Three Point Polar Alignment in N.I.N.A., das eine präzise Ausrichtung ohne zusätzlichen Polsucher ermöglicht.

Three Point Polar Alignment: Schnell, präzise, ohne Polsucher

Das Plugin erlaubt es, innerhalb weniger Minuten eine präzise Ausrichtung vorzunehmen – ganz ohne Polsucher oder zusätzliche Tools.

Ablauf:

  1. Drei Positionen im Himmel werden angefahren.
  2. Das Plugin misst den Versatz zwischen Ist- und Sollposition.
  3. Die Justierung erfolgt manuell über die Azimut- und Höhenverstellung.
  4. N.I.N.A. gibt sofortiges Feedback über die Korrektheit.

Tipp: Durch die Integration in N.I.N.A. entfällt ein Wechsel der Software – alles aus einer Hand.

Wichtiger Hinweis:

Bei Verwendung des Three Point Polar Alignment-Plugins müssen sowohl Dual-Axis Tracking als auch die Refraction Correction deaktiviert sein, damit die Montierung beim Anfahren der Ist- und Sollpositionen nicht automatisch nachkorrigiert.

Achtung: Nach erfolgreichem Abschluss des Polar Alignments nicht vergessen, beide Optionen wieder zu aktivieren!

Wie das Pointing Model funktioniert – und warum es so effektiv ist

Die in der 10Micron verbauten Absolutencoder ermöglichen den Aufbau eines internen Pointing Models – also einer Art Fehlerkarte, die verschiedene Abweichungen kompensiert. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Flexionen des optischen Tubus
  • mechanische Spielräume oder Spiegelbewegungen
  • kleinere Fehler in der Polausrichtung
  • und andere systembedingte Ungenauigkeiten

Beim Anfahren oder Nachführen in einem bestimmten Bereich des Himmels passt die Montierung daraufhin die Geschwindigkeit ihrer Motoren dynamisch an, um die zuvor ermittelten Fehler gezielt auszugleichen.

Erstellung des Pointing Modells in N.I.N.A.

Ein internes Pointing Model lässt sich hervorragend aus N.I.N.A. heraus automatisieren und für alle Folgenächte bei erneuter Verbindung wieder automatisch auf die Montierung laden.

So funktioniert die Erstellung eines Pointing Models Schritt für Schritt – automatisiert mit Kamera und Plate Solving:

  • Auswahl von Sternenfeldern nach Sichtbarkeit und Höhe: Bei größeren Einschränkungen durch Bäume, Gebäude oder andere Hindernisse ist es empfehlenswert, einen benutzerdefinierten Horizont in das Profil zu laden. Dieser kann direkt mit dem N.I.N.A.-Plugin Horizon Creator erstellt werden. So stellt man sicher, dass die Montierung beim Erstellen des Pointing Models keine Sterne in verdeckten Bereichen anfährt.
    Alternativ kann – falls kein individueller Horizont vorhanden ist – auch ein allgemeines Horizon-Limit definiert werden.
  • Automatische Slews zu den Zielpositionen
  • Die Kamera am Teleskop nimmt ein Bild auf, das per Plate Solving analysiert wird.
  • Die berechneten Koordinaten des Bildes werden mit der Sollposition der Montierung verglichen.
  • Die Differenz stellt den Messfehler dar.
  • Dieser Vorgang wird für bis zu 100 Positionen am Himmel wiederholt. Die gesammelten Fehlerdaten werden dauerhaft im internen Speicher der Montierung abgelegt.

Solange die Montierung nicht bewegt wird (z. B. durch Abbau oder Transport), bleibt das Modell erhalten und kann weiterverwendet werden.

Zur Erstellung des Pointing Models stehen drei Programme zur Verfügung:

  • Model Creator von 10Micron
  • MountWizzard
  • Plugin für N.I.N.A. (meine bevorzugte Lösung für den mobilen Einsatz)

Ein gutes Modell kann mit ca. 25–30 Sternen (maximal 100 Sterne) erstellt werden und erhöht die Nachführgenauigkeit erheblich, was vor allem bei langen Brennweiten, schmalbandigen Aufnahmen aber auch Langzeitbelichtungen entscheidend ist. Nach der Erstellung des Pointing Models können einzelne „schlechte Sterne“ über die Option Remove Worst Star entfernt werden, um den RMS-Error der Montierung gezielt zu verbessern.

Wichtig: Speichern des finalen Pointing Models nicht vergessen!

Je nach verwendeter Brennweite ist ein RMS-Error von unter 5 Bogensekunden erstrebenswert. Mit einem größeren Sternmodell lassen sich jedoch auch Werte deutlich unter 1 Bogensekunde erreichen. Die Praxis mit meinem aktuellen Setup – einer Brennweite zwischen 380 und 530 mm – zeigt, dass bereits Pointing Modelle mit 15 bis 20 Sternen völlig ausreichend sind.
Die gesamte Erstellung dauert in der Regel nur etwa 10 Minuten.

Ein zusätzlicher Vorteil: Das Pointing Model kann bereits in der fortgeschrittenen Dämmerung aufgenommen werden – so geht keine wertvolle Belichtungszeit verloren.

300% Ansicht - 300 Sekundenaufnahme mit 15 Sternmodell – Unguided!

Volle Kontrolle der Montierung in N.I.N.A.

Die 10Micron GM1000 lässt sich komplett aus N.I.N.A. heraus steuern:

  • Slews und Parkpositionen
  • Tracking-Status
  • Koordinateneingabe
  • Synchronisation mit Plate Solving

Dank ASCOM-Kompatibilität läuft die Kommunikation stabil und zuverlässig.

Sequenzgesteuerte Astrofotografie mit dem Advanced Sequencer

Der Advanced Sequencer ist das Herzstück für automatisierte Sessions – perfekt für den mobilen Einsatz, wenn man zügig und effizient belichten möchte.

Beispielhafte Schritte in einer Sequenz:

  1. Aufnahmefenster festlegen
  2. Fokus vor jeder Session mit Autofokus-Routine
  3. Plate Solving & Meridian Flip automatisieren
  4. Lights, Darks, Flats sequenzieren
  5. Nach jeder 3-5 Aufnahme: On Mount Dithering direkt über den Sequencer

Bildergebnis: Astrofoto mit der GM1000 und dem Takahashi FSQ-106EDX4

Am Ende der mobilen Sessions zwischen Februar und März 2025 entstand dieses Bild von M45 (Pleiaden), aufgenommen mit:

  • Montierung: 10Micron GM1000 HPS
  • Teleskop: Takahashi FSQ-106EDX4
  • Kamera: QHY268M
  • Belichtungszeit: 35,5 Stunden
  • Filter: Baader 3,5nm H-Alpha, Baader R, G, B und Hutech LPS-P2 Filter

Fazit: Warum sich die GM1000 auch mobil lohnt

Die Kombination aus Präzision, Softwareintegration und Zuverlässigkeit macht die 10Micron GM1000 zu einer idealen Wahl – nicht nur für eine stationäre Sternwarte, sondern gerade auch für mobile Astrofotografie.

Besonders hervorzuheben:

  • Automatisiertes Alignment
  • Top Integration in N.I.N.A.
  • Schnelles Polar Alignment
  • Präzises Pointing Modell
  • Automatisierter Workflow mit dem Advanced Sequencer

Jetzt NEU: GM1000 HPS EP – Die Evolution

Die GM1000 HPS EP (Enhanced Performance) ist die nächste Evolutionsstufe der bewährten GM1000 HPS – keine Ablösung, sondern eine gezielte Weiterentwicklung. Dank der neuen verstärkten RA- und DEC-Achsen und Lagern, bietet Ihnen bietet Ihnen diese Montierung 20 % mehr Nutzlast (bis zu 30 kg) – bei nahezu gleichem Gewicht. Damit genießen Sie als Astrofotograf höchste Stabilität in einer äußerst kompakten Form.


Dieses Nachfolgemodell ist ab sofort zum gleichen Preis erhältlich, inklusive der ebenfalls neuen V3 Kontrollbox